Heute hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur sogenannten ,Klimaschutzstiftung‘ (PUA) den damaligen Büroleiter des seinerzeit zuständigen Energieministers Christian Pegel vernommen. Hierzu erklärt der Obmann der CDU-Fraktion im PUA, Sebastian Ehlers:
„Die Indizienlage ist erdrückend, dass wenig von dem, was Ministerpräsidentin Schwesig und der heutige Innenminister Pegel über den Ursprung der Stiftung erzählen, der Wahrheit entspricht. Ich fürchte allerdings, dass die beiden inzwischen selbst an die Geschichte von der Landesregierung glauben, die einfach nur günstiges Gas organisieren wollte und dabei etwas Pech bei der Partnerwahl hatte.
Der heutige Zeuge stützte die von Minister Pegel in den letzten zweieinhalb Jahren presseöffentlich gewordenen Darstellungen. Dem Büroleiter oblag das Führen der Gründungsakte der Stiftung, das Energieministerium selbst sei demnach fachlich außen vor gelassen worden. Auch das für Stiftungen zuständige Justizministerium sei demnach mit einer bereits vollständig ausformulierten Satzung konfrontiert worden. Nachdem die Akte zeitweise als verschollen galt, wurde später ein Dokument präsentiert, das mit der bereits fertig ausformulierten Stiftungssatzung beginnt. Ein politisch-organisatorischer Vorlauf lässt sich demnach nicht nachvollziehen. All das lässt den Schluss zu, dass es sich bei der Gründung der Stitfung um eine sozialdemokratische Spezialoperation gehandelt hat.
Handlungsleitend für Pegel sei damals jedenfalls die Sorge um die Energieversorgung Europas gewesen. Diese Sorge habe ihn dazu veranlasst, der Nord Stream 2 AG (NS2) eine Stiftung zur Umgehung möglicher US-Sanktionen vorzuschlagen. Diesem Vorgehen habe NS2 zugestimmt. Weder sei die Stiftung eine Idee aus Moskau gewesen, noch habe dort die Stiftungssatzung ihren Ursprung, noch sei es bei der Stiftung um die Durchsetzung strategischer russischer Interessen gegangen. Im Landtag erklärte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig seinerzeit, die Stiftung werde die Pipeline weder bauen noch betreiben - was sich mit Blick auf die regen Bautätigkeiten der Stiftung später als unwahr herausstellte. Die Aussage, die Stiftung diene dem Schutz Kleiner und Mittlerer Betriebe aus Mecklenburg-Vorpommern vor US-Sanktionen stellte sich mit Blick auf die Kundenliste der Stiftung ebenfalls als unwahr heraus.
Dass die Stiftung als ,Warenlager‘ dienen solle für sanktionsbewehrte Güter aus MV, so wie es die Landesregierung bei Stiftungsgründung mehrfach kommuniziert hatte, war aber anscheinend schon bei Gründung der Stiftung nicht mehr der aktuellste Sachstand, so der Zeuge heute. Dies überrascht, denn es deutet darauf hin, dass die Landesregierung sehr viel mehr über die Arbeitsweise und das Innenleben der Stiftung wusste als sie heute zugeben mag. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich die Ministerpräsidentin nach Stiftungsgründung sogar die Stellenausschreibungen für die Stiftung vorlegen ließ. Es steht die Frage im Raume, warum Schwesig und Pegel nicht von sich aus frühzeitig und transparent kommuniziert haben, dass der Zweck der Stiftung deutlich über das hinausgeht, was zuvor versprochen worden war.
E-Mails aus dem Ministerbüro, aus dem die Geschichte der Satzung hätte hervorgehen können, waren gelöscht worden, vorgeblich um knappen Datenspeicher zu schonen. Energieminister Pegel will die Satzung seinerzeit am heimischen Computer nach Feierabend geschrieben haben. Dass die entsprechende Datei die Signatur der Kanzlei Freshfiels enthält, die im fraglichen Zeitraum auch für NS2 tätig war, erklärt Pegel damit, dass er die Satzung aus mehreren frei zugänglichen Vorlagen aus dem Internet erstellt habe. Eine davon müsse die Signatur der Kanzlei gehabt haben und in dieser Datei sei dann das Dokument zusammengeführt worden. Die Ministerpräsidentin will erstmals im Herbst 2020 von den Plänen zur Gründung einer Stiftung erfahren haben. Ein Besuch der NS2-Spitze in der Staatskanzlei im August 2020 mit einem anschließenden Intveriew Schwesigs, aus dem hervorgeht, dass man eine Lösung hinsichtlich möglicher US-Sanktionen finden werde, hätten demnach keinen Bezug zur Gründung der Stiftung.
Pegel hatte vor Gründung der Stiftung zwar gegenüber dem damaligen Vorsitzenden der CDU-Fraktion Torsten Renz noch behauptet, er bzw. das Land lasse sich bei der Stiftungsgründung von ausgezeichneten Anwälten beraten. Diese Äußerung erklärte Pegel später damit, dass auf einer Informationsveranstaltung der Fährhafen Sassnitz GmbH Fachleute zugegen gewesen seien, die einen präsentationsgestützten Vortrag gehalten hätten. Dort will er eifrig mitgeschrieben haben. Unmittelbar vor Stiftungsgründung hieß es aus der Landesregierung seinerzeit zwar noch mehrfach, eine ,Münchner Kanzlei' sei mit der Satzung befasst. Was es damit genau auf sich hatte, lässt sich aktuell nicht klären.“
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