Sebastian Ehlers: Amnestie für Drogendealer ist ein Irrweg - Landesregierung muss im Bundesrat auf Änderung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis dringen

15.02.2024

Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgelegte Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften hat laut den Justizministerien mehrerer Bundesländer gravierende Mehrbelastungen für die Justiz zur Folge. Grund ist eine Regelung, nach der rechtskräftig verhängte, aber noch nicht vollstreckte Strafen für Taten, die nach dem neuem Recht nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, mit Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen werden. Gleiches gilt in bestimmten Konstellationen, in denen ein zuvor erlassenes Urteil nach Inkrafttreten des neuen Rechts rechtskräftig wird. Bei Verurteilungen wegen einer nach neuem Recht nicht mehr anwendbaren Strafvorschrift sowie einer anderen Strafvorschrift ist die Strafe neu festzusetzen beziehungsweise zu ermäßigen.

Aufgrund dieser Regelung müssten die Staatsanwälte bei bundesweit hunderttausenden Rauschgiftakten überprüfen, ob die Verurteilung unter das neue Gesetz fällt oder nicht. Dafür wären alle Akten händisch auszuwerten, da im Bundeszentralregister nur ein „Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz“ festgehalten ist, nicht aber die Art der Droge.

Zu diesen Folgen des Gesetzes erklärt der Rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sebastian Ehlers:

„Wir lehnen bereits die Idee ab, Drogendealern eine Amnestie zu gewähren. Neben diesem politisch falschen Ansatz ist das von Gesundheitsminister Lauterbach geplante Gesetz aber auch handwerklich untragbar. Es hätte massive Mehrbelastungen für die Justizbehörden der Länder zur Folge, da in tausenden von Fällen das Strafmaß neu festgesetzt werden müsste. Dies mag noch leistbar sein, wenn die Strafe nur wegen einer Tat verhängt wurde, bei der die mitgeführte Menge unterhalb der neuen Legalitätsgrenze von 25 Gramm liegt. Wie allerdings mit dem Strafmaß verfahren werden soll, wenn es sich um eine Gesamtstrafe aufgrund mehrerer Taten handelt, bleibt schleierhaft. § 52 Absatz 2 der Strafprozessordnung verbietet es, Gesamtstrafen im Strafprozess nach Addition der Einzelstrafen zu bilden. Das bedeutet, dass ein einfaches „Herausrechnen“ der Cannabis-Strafe faktisch nicht möglich sein wird.

Dass der Bundesgesundheitsminister diese Mehrbelastung der Justiz durch das Gesetz weiterhin leugnet, obwohl die Justizminister mehrerer Länder bereits konkret benannt haben, wie viele zehntausende Strafverfahren überprüft werden müssten, reiht sich ein in die bestehende Realitätsverleugnung der Ampelregierung. Wird das Gesetz unverändert vom Bundestag verabschiedet, wäre ein Verfahrensstau in der Justiz vorprogrammiert.

Die rückwirkende Straffreiheit ist in meinen Augen ein Skandal. Nicht nur wegen der Mehrbelastung der Justiz, die ohnehin schon an oder über der Belastungsgrenze arbeitet. Sondern auch, weil damit die Arbeit tausender Menschen in Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten der letzten Jahre entwertet wird. Der Bundesregierung scheint auch bei diesem Thema jegliches Gespür dafür zu fehlen, welche Folgen ihre Politik bei den Menschen in unserem Land hinterlässt.

Auch den Rechtsfrieden würde es massiv beeinträchtigen, wenn mit Inkrafttreten des Gesetzes alle noch laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren einzustellen sind und Geld- oder Haftstrafen bei Altfällen nicht mehr vollstreckt werden.

Ich kann der niedersächsischen Justizministerin nur zustimmen: Man darf nicht zulassen, dass unsere Staatsanwaltschaften und Gerichte mit unsinnigen Verwaltungsaufgaben lahmgelegt werden. Ich fordere die Landesregierung daher auf, im Bundesrat zusammen mit anderen Ländern den Vermittlungsausschuss anzurufen und auf eine Änderung des Gesetzes zu dringen. Bleibt dies ohne Erfolg, sollte eine Allianz aller Länder gebildet werden, um einen Einspruch gegen das Gesetz zu erreichen.“