Franz-Robert Liskow: Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat auch Folgen für den Landeshaushalt Rot-Rot muss Haushaltsentwurf nachbessern

17.11.2023

Das Bundesverfassungsgericht hat am 15. November das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 des Bundes für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. Das Urteil hat auch Auswirkungen auf die Bewertung des Corona-Sondervermögen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, den sogenannten „MV-Schutzfonds“. Zugleich wird auf Bundesebene übereinstimmenden Berichten zufolge nun doch die Mehrwertsteuer auf gastronomische Leistungen von 7% auf 19% erhöht. Dazu äußert sich der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Franz-Robert Liskow:

„Monatelang wurden die Betroffenen im Unklaren gelassen, gestern hieß es zwischenzeitlich, die abgesenkte Mehrwertsteuer werde um ein Jahr verlängert, jetzt ist klar: Ab dem 1. Januar steigt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie, obwohl Ministerpräsidentin Schwesig monatelang versucht hatte, den Eindruck zu erwecken, dass genau dies nicht passieren werde. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist ein politischer Großangriff auf das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern, in dem viele Menschen in der Gastronomie arbeiten und von der Gastronomie leben. Ich erwarten von allen Abgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern, dass sie dem Bundeshaushalt zumindest an dieser Stelle nicht zustimmen.

Und bevor es zur Legendenbildung kommt, die Erhöhung der Mehrwertsteuer habe etwas mit dem Verfassungsgerichtsurteil zum Bundeshaushalt zu tun: Das ist nicht der Fall. Deutschland hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. 2021 ist die Staatsquote, also der Anteil aller staatlichen Aufgaben am Bruttoinlandsprodukt, mit 51,3 Prozent auf den in der Bundesrepublik historisch höchsten Stand gestiegen. Wer Investitionen für Sicherheit, Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung über neue Schulden finanzieren will, zeigt nur, dass er nicht bereit ist, sich über Einsparmöglichkeiten Gedanken zu machen. Der Grund ist einfach: Sparen ist mühsam, und Haushaltskonsolidierung kann man schlecht auf Hochglanzfotos verkaufen.

Zudem schnellen die Ausgaben des Staates für Zinsen aktuell in die Höhe und beschneiden den Spielraum im Haushalt für andere Aufgaben. Allein der Bund gibt in diesem Jahr fast 40 Mrd. Euro für Zinsen aus, 2021 waren es erst rund 4 Mrd. Euro. Auch in den Länderhaushalten zeichnet sich ein deutlicher Anstieg der Zinsbelastung ab. Wenn sich diejenigen durchsetzen, die auf mehr Schulden setzen, stände das Ergebnis bereits fest: Mit Haushaltsdisziplin wäre endgültig Schluss, und die Verschuldung würde durch die Decke gehen. Vor diesem Hintergrund kann man das Urteil des Verfassungsgerichts nur begrüßen.

Laut Bundesverfassungsgericht bedeuten die verfassungsrechtlich verankerten Haushaltsprinzipien der Jährlichkeit, Jährigkeit und Fälligkeit, dass die Feststellung einer Notlage, mit der eine Kreditermächtigung gemäß der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse begründet wird, sich nur auf ein konkretes Haushaltsjahr beziehen kann. Diese Kreditermächtigungen dürfen nur für solche Ausgaben erteilt werden, die für Maßnahmen zur Notlagenbekämpfung in eben diesem Haushaltsjahr anfallen. Zudem müssen die Kredite auch in diesem Haushaltsjahr aufgenommen und die Gelder zumindest weitgehend ausgegeben werden. Sowohl eine Kreditermächtigung als auch eine Kreditaufnahme ,auf Vorrat‘ sind damit unzulässig. Festgestellt hat das Bundesverfassungsgericht zudem, dass dies nicht nur für den Kernhaushalt gilt, sondern auch für unselbständige Nebenhaushalte wie das Sondervermögen.

Gegen alle drei genannten Haushaltsprinzipien wurde auch in Mecklenburg-Vorpommern mit dem 1. und 2. Nachtragshaushalt 2020 verstoßen: Es wurde einmalig eine Notlage festgestellt, jedoch Kreditermächtigungen erteilt, die in den Folgejahren fortgalten. Die Kredite wurden zum größten Teil nicht im Jahr 2020 aufgenommen, auch ausgegeben wurde der größte Teil der Mittel erst nach 2020. Schließlich wurden Mittel in das Sondervermögen ,Universitätsmedizinen‘ verschoben, wobei von vorneherein bekannt war, dass die Gelder zum größten Teil erst weit nach Ende der Pandemie ausgegeben werden können. Finanzminister Geue ist aufgefordert, ab sofort die verfassungswidrige Verwendung von Mitteln, die über die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse aufgenommen worden sind, zu beenden. Dies bedeutet konkret, dass die Mittel des ,MV-Schutzfonds‘ beispielsweise nicht länger für Digitalisierungsprojekte eingesetzt werden dürfen, auch das Sondervermögen ,Universitätsmedizinen‘ darf nicht länger genutzt werden. Die bestehenden Investitionsbedarfe an unseren Universitätskliniken sind aus dem regulären Haushalt zu finanzieren.

Der Landesrechnungshof und auch die CDU-Fraktion fordern bereits seit Ende 2021 die Auflösung des ,MV-Schutzfonds‘, ohne dass die rot-rote Landesregierung reagiert hat. Würde Finanzminister Geue auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ignorieren, wäre dies eine beispiellose Missachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung.“