Marc Reinhardt: SPD-Fraktion scheint die Nachhaltigkeitslücke der öffentlichen Finanzen in Deutschland nicht begreifen zu wollen

01.12.2024

ZurPressemitteilung der SPD-Fraktion, in der eine Reform der Schuldenbremse gefordert wird, um angesichts der Veränderungen im Altersaufbau der Bevölkerung die Aufnahme höherer Schulden für Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen, erklärt der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Marc Reinhardt:

„Indem die SPD-Fraktion die Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse mit der demographischen Entwicklung und der Vermeidung von Prioritätensetzungen im Haushalt begründet, verkehrt sie sämtliche wissenschaftliche Erkenntnisse zur mangelnden Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland ins Gegenteil.

Sowohl der 6. Tragfähigkeitsbericht des Bundesfinanzministeriums als auch wissenschaftliche Gutachten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Haushalte von Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen bis in das Jahr 2070 ohne Reformen eine Nachhaltigkeitslücke von circa 365 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweisen. Nach heutigem Stand der volkwirtschaftlichen Forschung fehlen damit für eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung der öffentlichen Haushalte in den nächsten 45 Jahren rund 15 Billionen Euro, wenn die Politik keine gegensteuernden Maßnahmen beschließt.

Es ist wissenschaftlich völlig unbestreitbar, dass der Grund für diese desaströse Generationenbilanz ein zu großzügiger Sozialstaat ist, der seit geraumer Zeit über seine Verhältnisse lebt. Zu glauben, man könne den notwendigen Reformen entkommen und Prioritätensetzungen in den öffentlichen Haushalten vermeiden, indem man den Investitionsrückstand in Deutschland über neue Schulden finanziert, ist an volkswirtschaftlicher Inkompetenz nicht zu überbieten. Denn wenn zu der schon bestehenden Nachhaltigkeitslücke auch noch zusätzliche Schulden in erheblicher Höhe hinzukommen, ist die Staatspleite Deutschlands vorprogrammiert.

Schon lange vorher aber werden steigenden Zinszahlungen die Spielräume in den Haushalten einschränken. Die SPD-Fraktion scheint nach wie vor nicht wahrhaben zu wollen, dass man für Schulden Zinsen zahlen muss, die künftige Haushalte und Generationen belasten, und dass mehr Geld für den Staat in der Vergangenheit eben nicht zu höheren Investitionen geführt hat, sondern vor allem zu einer Ausweitung des Sozialstaates. Der Beweis dafür ist der Umgang mit der früher geltenden Schuldenregel, in der die Verschuldung an die Höhe der Investitionen gebunden waren und bei der die Politik enorme Kreativität an den Tag legte, um die Mittel indirekt doch für eine Ausweitung der konsumtiven Ausgaben zu nutzen. Genau deswegen wurde die Schuldenbremse doch eingeführt!

Leider ist vor allem die SPD-Fraktion nach wie vor schwer davon zu überzeugen, den Konsum in der Gegenwart zugunsten der Interessen zukünftiger Generationen einzuschränken. Und genau darin besteht das Problem bei allen Reformdebatten um die Schuldenbremse. Denn gerade die Forderungen aus der SPD-Fraktion zeigen ganz deutlich, dass es ihr nur darum geht, sich um notwendige Reformen der sozialen Sicherungssysteme, um Einsparungen und um Prioritätensetzungen im Haushalt zu drücken. Erfrischend ehrlich ist immerhin, dass die SPD-Fraktion dies ganz unumwunden zugegeben hat.

Eine zusätzliche Neuverschuldung ist volkswirtschaftlich in erster Linie zu rechtfertigen, wenn damit unvorhersehbare Belastungen wie Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen oder Kriege und ihre Folgen finanziert werden; all dies lässt die Schuldenbremse bereits zu. Die befristete Finanzierung eines deutlich höheren Investitionsniveaus über neue Schulden ließe sich nur dann rechtfertigen, wenn zuvor die Sozialversicherungen reformiert und die öffentlichen Haushalte nachhaltig konsolidiert worden sind. Solange vor allem die SPD-Fraktion dazu nicht bereit ist, wäre jede Aufweichung der Schuldenbremse eine Versündigung gegenüber unseren Kindern und Enkelkindern.

Zudem mangel es der SPD-Fraktion an einem sinnvollen Verständnis von Generationengerechtigkeit. Sie meint, künftige Generationen dürften mit Kreditzinsen für Zukunftsinvestitionen, von denen sie vermeintlich profitieren, belastet werden. Die Sozialdemokraten begreifen nicht, dass jede Generation die Herausforderungen ihrer Zeit selbst meistern und die entstehenden Ausgaben selbst erwirtschaften können muss. In Deutschland gilt dies angesichts der demographischen Entwicklung umso mehr.“